Schluss mit Szenesprech: Fem*Fest sucht nach einer massentauglichen Sprache

Ein neues Festival setzt sich zum Ziel, feministische Energien zu bündeln und sich längerfristig im Basler Jahreskalender zu etablieren. Um über die eigene Filterblase hinaus Resonanz zu erzeugen, setzen die Veranstalterinnen auf offene Formate ohne Szenesprech. 

Das Fem*Fest dauert fünf Tage – mit einer kleinen Pause während der Demo zum Frauentag am 8. März.

Vom 7. bis zum 11. März geht in Basel das erste Fem*Fest über die Bühne. Das queerfeministische Festival will Räume schaffen für Vernetzung und Kritik, will Denkanstösse diskutieren – und längerfristig zu einer Institution in Basel werden.

Das soll nicht hinter Blümchengardinen passieren, sondern sichtbar, hörbar, spürbar für alle. Auch für jene, die noch nicht wissen, was Queerfeminismus überhaupt bedeutet: Der Begriff steht für das solidarische Engagement, sich neben dem klassischen Kampf für Frauenrechte auch für die Anliegen sexueller Minderheiten einzusetzen.

Der Zündfunke für das Fem*Fest sprang im Herbst letzten Jahres in den VIA Studios an der Amerbachstrasse im Kleinbasel. Rund 50 Feministinnen mehrerer Generationen trafen sich dort um bislang Erreichtes wie zum Beispiel die Gründung des Frauenhauses oder des ersten feministischen Buchladens der Schweiz zu diskutieren.

«Zwischen den Traktanden ist dann die Idee für das Fem*Fest entstanden», sagt Katharina Baur (28), «und kurz darauf stand das Programm bereits. Das Feedback war riesig und zeigt, wie richtig wir mit der Initiative liegen.»

Die Aktivistin Baur hat das Festival zusammen mit Franca Schaad und Andrea Bättig als Kollektiv 8. März lanciert – aus dem Wunsch heraus, nicht nur zurückzublicken, sondern feministische Anliegen in Basel weiter  voranzutreiben. Ihr  Spendenaufruf zur Realisierung des Festivals hat zahlreiche Private überzeugt und auch die Abteilung Gleichstellung von Frauen und Männern Basel-Stadt ist ihm gefolgt.

Die Filterblase zum Platzen bringen

Ein Ziel des Festivals ist es, die Vielfalt des queerfeministischen Aktionismus abzubilden. Und tatsächlich findet nun an fünf Abenden eine bunte Reihe engagierter Veranstaltungen statt.

Angefangen beim stark besetzten Podium zum Thema der Stunde – «#metoo, hate speech, Antifeminismus» – über einen Workshop zum Thema «Awareness» bis zum Do-it-yourself-Kurs (Siebdruck feministischer Statements auf T-Shirts) ist eine ganze Bandbreite von Happenings dabei, die Wert auf Austausch und Interaktion legen.

Und das ist gut so. Denn feministisches Engagement verheddert sich oft in der Krux, einerseits Trennwände einreissen zu wollen und gleichzeitig andere Hürden zu schaffen. Sprachbarrieren zum Beispiel. Überall dort, wo im Kampf gegen reaktionäre Ideologien (Sexismus, Rassismus etc.) die feministische Abrissbirne geschwungen wird, bleibt Schutt liegen. Schutt in Form von Szenesprech, der bei Aussenstehenden das Gefühl hinterlässt, nicht mitreden zu können.

Dann kann es vorkommen, dass man als Cis-Mann aware wird, vor lauter Heteronormativität über die Gender_Gap zu stolpern. Das ist natürlich toxic für die eigene Masculinity.

Mit anderen Worten: Das ist dann natürlich blöd. Denn Interessierte, aber nicht Eingeweihte werden mit dieser Sprache vor den Kopf gestossen. Allen anderen ist es gleichzeitig ein Leichtes, sich damit über den Feminismus als akademisch verbrämten Eliteaktivismus lustig zu machen. Weil eben die Themen unter den Worten verschüttgehen.

Offene Raumpolitik

Das ist kontraproduktiv und darum sind die Macherinnen des Fem*Fest bemüht, nicht in der eigenen Filterblase hängenzubleiben. Durch eine offene Raumpolitik zum Beispiel. «Wir haben bewusst zentrale öffentliche Räume wie die ‹Mitte›, aber auch Nischen wie die ‹Flatterschaft› oder ‹Carambolage› als Veranstaltungsorte gewählt, um viele Anknüpfungspunkte für unterschiedliche Leute zu bieten», sagt Baur. Bis auf zwei Veranstaltungen ist das Fem*Fest kostenlos, Kollekten-Beiträge sind willkommen.

Eine dieser Satellit-Veranstaltungen ist der Workshop zum Thema Awareness in der Carambolage-Bar. Er steht beispielhaft für den noch nicht durchgehend geglückten Anspruch des Festivals, selbsterklärend zu sein. «Awareness beschreibt ein Konzept, das sich mit Problematiken im Zusammenhang mit Missachtung von körperlichen, psychischen und persönlichen Grenzen bis hin zu Gewalt in öffentlichen Räumen auseinandersetzt», erklärt darum Anna T. vom Organisationsteam, die sich nicht vor das Kollektiv stellen möchte und darum ihren richtigen Namen lieber nicht in der Zeitung liest.

Übergriffe gibt es auch in vermeintlich sensibilisierten Kreisen

«Wir wollen uns darüber unterhalten, wie wir sicherere Räume schaffen können», sagt Anna T. So komme es an Partys auch in sensibilisierten Kreisen zu Übergriffen. Sanktioniert werden sie oft nicht, die Leidtragenden bleiben allein. Dem will sich das Kollektiv Awareness Basel entgegenstellen. Mit Info-Ständen, Plakaten, vereinzelt mit Audio-Ansagen.

Am Workshop werden Strategien diskutiert, wie Übergriffen präventiv begegnet werden kann. «Wir freuen uns explizit auf ein durchmischtes Publikum», sagt Anna T., die mit dem Info-Stand von Awareness Basel schon einige Partys besucht hat und weiss, wie viele verletzende Momente in einer einzelnen Nacht zusammenkommen können.

Der Workshop steht exemplarisch für die Absicht, aktiv Spuren zu hinterlassen, keine reine Konsumveranstaltung zu bleiben. «Das Fest ist auch als Schablone gedacht», sagt Katharina Baur. «Engagierte sollen sich gerne ein Veranstaltungsformat aus dem Programm herauspicken und daran anknüpfen.»

Apropos anknüpfen: Das Fem*Fest lässt am 8. März absichtlich etwas Raum im Programm, um sich der alljährlichen Demo zum Frauentag anzuschliessen. Start ist um 17.00 Uhr am Claraplatz.

Das ganze Programm zum  Fem*Fest ist hier einsehbar. Los geht es am Mittwochabend, den 7. März, mit einem Podium zum Thema «#metoo, hate speech, Antifeminismus, was jetzt?» mit Domenica Priore, Franziska Schutzbach, Jolanda Spiess-Hegglin und Rahel El-Maawi im Kaffeehaus Mitte .

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