Ein Haus, ein Song: An der Rebgasse gibts KlangBasel im Taschenformat

Den Bewohnern eines Kleinbasler Wohnhauses piepts wohl – gerade darum passen sie hervorragend ins Programm des Musikfestivals mit der Amsel im Wappen.

Sebastian Hausmann im Innenhof der Rebgasse 35. Hier kommt es während des Festivals KlangBasel zu einem Experiment mit ungewissem Ausgang.

Ein Vogel als Headliner, darauf muss man erst mal kommen. Die Amsel dient KlangBasel als Zugvogel, sie ist derzeit überall auf Plakaten in der Stadt zu sehen.

Sebastian Hausmann kommt dieses Wappentier gerade recht. Der Musiker steht im Hinterhaus der Rebgasse 35. Er legt den Kopf in den Nacken und lässt seine Augen dem Efeu entlang über die Balkone nach oben wandern, wo Hausmann am Wochenende mit seiner Band The Jimmy Miller Incident ein Konzert spielen wird.

Sieben Leute auf einer Balkonbühne: ein Experiment mit ungewissem Ausgang.

Hier geht einiges mit unüblichen Dingen zu

Wenn Hausmann über sein Projekt spricht, meint er seine Band und weitere fünf Musikgruppen, die am Samstag in diesem Hinterhof ihr Klangbuffet anrichten werden. Aber die Geschichte der Rebgasse 35 ist nur eine von vielen Geschichten, die KlangBasel erzählt, und die dieses Festival von anderen unterscheidet.

Zum einen wurde das Angebot nicht top-down auf den bekannten Bühnen der Stadt programmiert. Natürlich ziehen die Veranstalter um Vereinspräsident Hans-Georg Hofmann die Fäden – aber auch aus der Bevölkerung werden Beiträge ins Programm hineingetragen. Im Fall der Hausgemeinschaft Rebgasse 35 hatte Benedikt Lachenmeier von Lexs die Idee für ein Hauskonzert. Und weil die übrigen Bewohner sofort einwilligten, war die mehrstöckige Bühne anderntags schon Teil des offiziellen Festivalprogramms.

Zum andern werden am KlangBasel nicht gezielt Genre-Schubladen geöffnet, es wird gleich der ganze Schrank aufgesperrt: Von Singer-Songwritern über Pop, klassische Klänge und elektronische Begleitung von Literatur ist – dank einer Kooperation mit dem Literaturhaus – alles dabei.

Kleinbasler Stadtmembran

Als dritte Qualität dieser Veranstaltung kann man hervorheben, dass hier keine Headliner-Stars darauf aus sind, anderen die Show zu stehlen. Hier spielen No-Names auf Augenhöhe.

Damit wird KlangBasel zu einem urbanen Volksfest, das diesen Namen verdient: Es bringt die Gassen, Hinterhöfe, Brücken und Bühnen zum Vibrieren wie eine Stadt gewordene Membran.

Und mittendrin: das Musikerhaus, Rebgasse 35. Die Idee war einfach und Lachenmeier musste nicht lang «stürmen», bis er alle im Boot hatte. Nun wird Sebastian Hausmann mit seiner Supergroup The Jimmy Miller Incident den Balkon im ersten Stock bespielen. Im zweiten Stock geben die Rapper von 4.0.5.8. ihre Show zum Besten.

Die übrigen Bewohner – Raphael Schilling aus dem dritten Stock (mit Bruder Bene als Machete Bling Bling Brothers) und Benedikt Lachenmeier aus dem vierten (mit Martin Helfenstein als Lexs) – steigen für ihre Konzerte in den Hinterhof und spielen dort ihre Gigs.

Folk-Sänger Dylan Hausmann, Sohn von Sebastian, spielt dort ebenfalls. Und dann sind in diesem Hinterhof auch noch die Naarebaschi zu Hause, Ehrensache, dass auch sie etwas zum Klangbuffet beisteuern. Zum Schluss soll eine Monstergroup aus Synthiepop-Duo, Quartier-Rappern, Folk-Boy und Fasnachts-Clique zu einem babylonischen Mega-Medley ansetzen: ein Haus, ein Song.

Programmheft öffnen auf eigene Gefahr

Es ist Zufall, dass an der Rebgasse 35 nur Musikerinnen und Musiker wohnen. Und doch steht dieses Haus beispielhaft für die Konzentration an Musikerinnen und Musikern im Kleinbasel – über 500 spielen während drei Tagen an 30 Orten. Womit sich die relevante Frage stellt: Soll man das Programmheft überhaupt aufschlagen oder reicht fürs heitere Flanieren die Stadtkarte auf der ersten Seite?

Antwort: Die Karte reicht, weil das räumliche Erlebnis im Vordergrund steht. Zum Beispiel in der Brockenstube Irma & Fred mit den Drones and Tones von Chris Sigdell alias B°Tong. Oder im Parkhaus der Messe bei der Klanginstallation von Anklin | Oron.

Im Keller des «Hirschenecks» gibt es statt wildem Punk das Holzbläserquintett Reeds in Motion mit Debussy zu erleben, und auf der Strasse vor dem Jazzcampus können alle ihr Handy zücken und auf YouTube den Kleinbasler Gassenhauer «Stig yy» bei voller Lautstärke laufen lassen.

Letzteres steht so zwar nicht im Programm, aber auch mit solchen Aktionen wird man Teil des Festivals. KlangBasel ist so verdammt demokratisch, dass jeder, der mit dem Flow geht, die Schwingung des grossen Ganzen in Bewegung hält.

KlangBasel, 14. bis 16. September. Der Festivalpass kostet 60 Franken (ermässigt 40 Franken), ein Tagesticket 30 Franken (ermässigt 20 Franken). Zum Programm gehts hier entlang.  

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