Profi-Investoren nehmen Volkswagen im Abgas-Skandal ins Visier. 278 institutionelle Grossanleger – darunter der grösste US-Pensionsfonds Calpers und die Sparkassen-Fondstochter Deka – haben den Autobauer auf Schadenersatz in Höhe von 3,255 Milliarden Euro verklagt.
Einen entsprechenden Bericht von «Süddeutscher Zeitung», NDR und WDR bestätigte der Rechtsanwalt Andreas Tilp aus Tübingen am Montag. Schon zuvor gab es allerdings Dutzende vergleichbarer Klagen.
Bei den Vorwürfen geht es darum, ob der Konzern seiner Auskunftspflicht gegenüber Anteilseignern nachgekommen ist. VW hatte erst Tage, nachdem die US-Umweltbehörde EPA ihre Betrugsvorwürfe am 18. September öffentlich machte, über drohende finanzielle Konsequenzen informiert. Volkswagen bekräftige mehrfach seine Auffassung, alle Informationspflichten befolgt zu haben.
Mehr Kläger, weitere Klage
Tilp vertritt die Investoren vor dem Landgericht Braunschweig. Bei den Klägern handelt es sich um Anleger, die ab Mitte 2008 VW-Aktien gekauft haben.
Sie fordern einen Ausgleich für die hohen Kursverluste, die sie im Zuge der Affäre um manipulierte Emissionswerte erlitten haben. Laut Tilp wollen sich noch diverse andere Investoren der Klage anschliessen. «Das ist erst der Anfang», sagte der Anwalt.
Das Landgericht war am Abend nicht für eine Bestätigung des Klageeingangs erreichbar. VW lehnte einen Kommentar ab. Ein VW-Sprecher sagte: «Wir kennen die Klage nicht, da sie uns noch nicht zugestellt wurde. Folglich äussern wir uns nicht dazu.»
Über ein Konsortium mehrerer Gesellschaften, das die Prozesskosten finanziert, plane Tilp vor einer drohenden Verjährung im September 2016 noch weitere Klagen für mehr als 20 Grossanlegern, heisst es in dem Bericht der drei deutschen Medien. Diese Aktionäre dürften noch einmal deutlich mehr als eine Milliarde Euro an Schadensersatz fordern.
Dem Landgericht Braunschweig liegt bereits eine Klage von Privatanlegern vor, die wegen des drastischen Kursverfalls der VW-Aktie Schadensersatz verlangen. Deren Forderung hat Volkswagen bereits als unbegründet zurückgewiesen. In den USA sind bereits zahlreiche Sammelklagen von Autohaltern und Investoren eingegangen.
Riesige Datenmengen
Sechs Monate nach dem Auffliegen der Abgas-Affäre wühlen sich die internen Ermittler bei Volkswagen auf der Suche nach der Wahrheit noch immer durch riesige Datenberge. Die gesicherten Dokumente – darunter der kopierte E-Mail-Verkehr von VW-Servern – umfasst 102 Terabyte Daten. Das entspricht etwa 7800 Digitalausgaben des Brockhaus-Lexikons in 30 Bänden.
Wie aus dem Konzern zu hören ist, sollen die VW-Mitarbeiter ihre Arbeit an der verbotenen Software teils mit Codewörtern verschleiert haben. Viele Dutzend davon gelte es nun im Datenberg aufzuspüren und auf Verdächtiges zu prüfen.
In der zweiten April-Hälfte will die US-Kanzlei Jones Day einen Zwischenbericht zur Schuldfrage vorlegen. Dann soll klar sein, wie die Ereignisse damals im Detail abliefen, und welche Abteilungen und hierarchischen Ebenen wann und wie informiert und involviert wurden.