Einmal mehr debattierte der Grosse Rat über längere Ladenöffnungszeiten. Obwohl die zuständige Kommission beantragt hatte, auf das Geschäft nicht einzutreten, muss sie sich nun noch einmal damit befassen. Den Ausschlag gab der Stichentscheid des Grossratspräsidenten Joël Thüring, der die Debatte einst mit einem Vorstoss losgetreten hatte.
Neben den Parkplätzen gehören unter anderem die Ladenöffnungszeiten zu den Dauerthemen im Grossen Rat. In beiden Fällen geht es darum, den heimischen Detailhandel vor der Einkaufstourismus-Keule zu retten. Konkret ging es um einen Vorstoss von SVP-Grossrat Joël Thüring, der eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten forderte – bis 22 Uhr werktags und bis 20 Uhr an Samstagen.
Der Grosse Rat hatte den Vorstoss im November 2015 als verbindliche Motion an die Regierung überwiesen. Dies, obwohl das Basler Stimmvolk erst im März 2013 längere Öffnungszeiten an Samstagen mit 60 Prozent Nein-Stimmen deutlich abgelehnt hatte. Die Regierung musste also contre coeur einen entsprechenden Gesetzesänderungsentwurf ausarbeiten, was sie «mehr oder weniger lustvoll» getan hat, wie im Rat festgestellt wurde.
Kommission mit grossem Mehr dagegen
Die Wirtschafts- und Abgabekommission (WAK) des Grossen Rats sprach sich nun aber mit deutlichem Mehr gegen eine Gesetzesänderung aus. Kommissionspräsident Christophe Haller (FDP) brachte verschiedene Bedenken zur Sprache:
- Bereits die heute erlaubten Öffnungszeiten an Werktagen bis 20 Uhr würden nur von einem Viertel der Geschäfte genutzt. Offenbar entsprächen noch längere Öffnungszeiten keinem verbreiteten Bedürfnis bei den betroffenen Detailhändlern.
- Auch bestehe kein Bedürfnis vonseiten der Kunden, was sich aus der deutlichen Ablehnung der Volksinitiative von 2013 herauslesen lasse.
- Längere Öffnungszeiten würden vor allem von Grossverteilern genutzt, was Klein- und Familienbetriebe noch stärker unter Konkurrenzdruck setzen würde.
Haller stellte in Aussicht, dass sich die WAK über die Ladenöffnungszeiten hinaus lieber grundsätzlich mit einer Verbesserung der Bedingungen für den Basler Detailhandel befassen wolle und allenfalls eigene Initiativen in den Grossen Rat einbringen werde.
Späte Änderungsanträge via Gewerbeverband
Im Grossen Rat selber präsentierten sich die Mehrheitsverhältnisse aber anders als in der Kommission. Mit der Aufgabe des Euro-Mindestkurses im Januar 2015 habe sich seit der letzten Abstimmung viel geändert, sagte SVP-Sprecherin Daniela Stumpf. Allerdings krebste sie im Namen der Partei zurück und schwächte die Forderung nach längeren Ladenöffnungszeiten mit einem Änderungsantrag für Samstage ab.
Auch FDP und CVP brachten Änderungsanträge in den Rat – kurzfristige Anträge, die während den Beratungen in der Grossratskommission nicht behandelt werden konnten. Die FDP fordert eine Aufhebung der verkürzten Öffnungszeiten an den Tagen vor Feiertagen, und die CVP brachte die Forderung nach acht frei wählbaren Jokertagen ein – beides Vorschläge, die vom Gewerbeverband kurzfristig eingebracht worden waren.
Stichentscheid des Grossratspräsidenten in eigener Sache
Dezidiert auf der Linie der Kommission äusserten sich nur die Sprecher der Ratslinken. Weil einige bürgerliche Grossräte abwesend waren, zeichnete sich ein knappes Abstimmungsresultat ab. Und es wurde schliesslich mehr als knapp: Mit 46 zu 46 Stimmen (bei 1 Enthaltung) kam es beim Kommissionsantrag, nicht auf das Geschäft einzutreten, zur Pattsituation.
Es kam also zur etwas pikanten Situation, dass Grossratspräsident Joël Thüring, der den Vorstoss verfasst hatte, einen Stichentscheid in eigener Sache fällen konnte.
Dieser Entscheid hat aber keine unmittelbaren Auswirkungen. Denn entschieden wurde faktisch nichts. Die ganze Debatte mündete in eine Rückweisung an die Grossratskommission, die sich nun nachträglich mit den spät eingereichten Abänderungsanträgen der bürgerlichen Parteien befassen muss. Es ist also wie bei den Parkplätzen: Die Debatte um die Ladenöffnungszeiten wird so rasch keinen Abschluss finden.