Nicht nur Ratten tummeln sich im Untergrund von Basel. Klaus Littmanns neuestes Projekt «Central Station» will ein vielfältiges Angebot an Geschäften und Ausstellungsräumen unter die Erde bringen.
Eimer voller Beton, Hosen voller Putz – wo Klaus Littmann Kunst realisiert, wird gebaut. Sei es Anfang Jahres für die Fotoausstellung in der Don Bosco Kirche im Breitequartier oder für die artifizielle Kanalstrasse 2015 in Arlesheim. Letztere ist gleichsam Vorbild für das neueste Projekt des Basler Kunstvermittlers: der «Central Station». Künstler und Kollege Franz Burkhardt erbaute eine künstliche Kleinstadt, einen bald funktionstüchtigen urbanen Mikrokosmos.
Klaustrophobiker seien jedoch vorgewarnt: Die Metropole en miniature befindet sich im Untergrund.
Gleich neben dem Restaurant Vapiano hinter dem Aeschenplatz führt eine Rolltreppe eine Etage tiefer in eine unterirdische Halle der ausserordentlichen Art: 2000 m2 Fläche, geteilt durch 20 frisch aufgezogene Räume. Was sich momentan noch als grosse Baustelle präsentiert, verspricht einzigartig zu werden.
Geschäfte, Ateliers und Ausstellungsräume der unterschiedlichsten Art eröffnen in den nächsten Wochen und Monaten, jeweils begleitet von einer kleinen Vernissage. Vom Restaurant mit durchgehend warmer Küche über ein Tattoostudio bis hin zur künstlerischen Wunderkammer wird für jeden etwas dabei sein.
Die Metropole en miniature ist nichts für Klaustrophobiker. (Bild: Nils Fisch)
Wesentliche Unterstützung erhielten Littmann und Burkhardt von Enrique Fontanilles, ehemaliger Leiter der Schule für Gestaltung in Basel, der mit der grundlegenden Idee auffuhr und bei der Umsetzung des Projekts mit im Bunde ist.
Die Nähe des Projekts zu Banken und Versicherungen war ein bewusster Entscheid der drei Schöpfer: Die zunehmend an den Rand gedrängte Kreativindustrie soll zurück in (oder unter) die Stadt geholt werden. Und ihr Anspruch dabei ist gross: Alle Geschäfte werden kuratiert und sollen in ihrer Qualität aus der gewohnten Masse herausstechen. Kunst– und Stadtraum wollen miteinander verbunden werden. Burkhardt bezeichnet seine kleinformatigen Gebäude dementsprechend als «Malerei, die man mit Beton hinkriegt» – alles werde behandelt wie ein Gemälde.
Verschmelzung von Kunst und Stadt
Dabei lohnt es sich, auf die Details zu achten. Die Mauern sind voller kleiner Inschriften, vermeintliche Metallrohre geben sich als bemalter Karton zu erkennen, und die Nikotinpatina in «Larry’s Bar» hat weniger mit Zigaretten als mit zielgenau aufgetragenen Farbschlieren zu tun.
Bis aufs kleinste Detail: Die Gebäude werden wie Gemälde behandelt. (Bild: Nils Fisch)
Ein halbes Jahr arbeiteten die Künstler – inklusive Unterstützung seitens professioneller Handwerker – fern vom Tageslicht, und ein Ende ist nicht in Sicht. Es werden sogenannte «Castings» abgehalten, um weitere tatkräftige Kreative ins Boot zu holen. Alte Mauern sollen eingerissen und neue gezogen werden können, sollte dies von den Mietern gewünscht sein.
Wobei «Mieter» eine irreführende Bezeichnung ist: Dank dem Architekten Roger Diener, Eigentümer der Liegenschaft, wird in den ersten neun Monaten keine Miete fällig. Danach wird gemeinsam besprochen, wer wie viel zu zahlen vermag. Auch was die restliche Finanzierung anbelangt, hat Littmanns breit gefächerter Bekanntenkreis dem Projekt auf die Füsse geholfen.
Alltag 2.0
Der Realisator und die beiden Kunstschaffenden sind keine Unternehmer, das merkt man. Bei «Central Station» geht es nicht um Profit. Vielmehr ist es ein Versuch, ein vielleicht naiver wie Burkhardt eingesteht, aber ein nicht minder nobler, dem Alltag etwas entgegenzusetzen, indem man ihn in neuer Qualität spiegelt. Ob das Experiment glückt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.
_
«Central Station» Sternengasse 19, 4051 Basel. Eröffnung diesen Freitag, den 9.12., um 22 Uhr.
Öffnungszeiten: Montags bis Mittwochs, Samstags: 9 bis 20 Uhr, Donnerstags und Freitags: 9 Uhr bis spätabends